Nach über 20 Jahren gelebter europäischer Verständigung ist jetzt Schluss.
Unsere Partnerschule im holländischen Schoonhoven stampft all ihre Schüleraustausche ein. Skifahren und Städtereisen stehen auf dem Wunschprogramm der Entscheidungsträger vor Ort. Von den verantwortlichen Kollegen wird dieser Beschluss mehr als bedauert, aber es hilft nichts: Die äußeren Bedingungen, die politische Großwetterlage, die schulischen Strukturen, die schwindende Bereitschaft der Elternhäuser… zwingen die Schulleitung in Holland, das außerunterrichtliche Angebot ihrer Schule neu zu denken.
Bei uns in Laucha bleiben fantastische Eindrücke aus über zwei Jahrzehnten erinnert. Die deutschen Kollegen Däumer und Wölbling aus den Anfangsjahren und auf der holländischen Seite der über Jahrzehnte aktive Robert G. P. Roos knüpften und pflegten enge Verbindungen, die bis in die heutige Zeit fortdauern. Frau Herfurth, Frau Juch, Frau Große und unser Kollege Lange fühlten sich in den letzten 10 Jahren diesem Format nicht nur verpflichtet, sondern aufs Herzlichste verbunden.
Und jetzt? Im April 2024 steht nunmehr der letzte Gegenbesuch unserer holländischen Gäste an. Im Frühling des kommenden Jahres begrüßen wir somit final unseren holländischen Kollegen Niels van Beuzekom und seine Schülerschar bei uns in Laucha.
Julia Lautenschläger und Laurence Mielke, Gastschüler aus 2023/24, zeigen in Text und Bild, mit welchen Eindrücken wir aus unserem letzten Holland-Austausch zurückkamen. Und so bleibt uns die Vorfreude auf unsere letzte gemeinsame Austauschwoche. Wir werden sie zu schätzen wissen und genießen!
M. Große im Dezember 2023
Verantwortliche für den Hollandaustausch 2023/24
Hollandaustausch 23/24
Wir, die Schüler der 9. und 10. Klasse, besuchten vom 25.09. bis zum 28.09.2023 die Niederlande und machten einige Aktivitäten, in der Schule und in den großen Städten der Niederlande. Dies ist vielleicht der Anfang eines gewöhnlichen Berichts, aber wir wollen euch erzählen, was wir wirklich erlebt haben: Wunderschöne Landschaften, neue Freunde, schockierende Entdeckungen und witzige Erlebnisse, die einem so nicht oft passieren.
„Oh nein, was machen wir jetzt?“ riefen wir alle aufgeregt, als wir endlich in den Niederlanden an der besagten Schule ankamen und unsere Austauschschüler sich schon fragten, warum wir nicht ausstiegen. Wir waren alle in einer Schockstarre und niemand wollte als erster aus dem Bus aussteigen und den Blicken der Niederländer ausgeliefert sein. Jetzt standen wir alle draußen vor dem Bus mit großem Abstand zu den Niederländern. Schließlich bekamen wir unsere Koffer und sollten als erstes in die Schule gehen, wo die beiden Lehrer, van Leussen und van Beuzekom, uns begrüßten und ein paar Worte sagten. Dann war der große Moment gekommen, an dem wir unseren Partner suchten, die ersten Worte wechselten wie „You are my partner, right? oder „How was the trip“ und was man so alles sagen kann, wenn man planlos ankommt. Dann ging es auch schon zu den Gastfamilien, noch mehr neue Leute, welche sich darüber freuten, dich kennenzulernen. Ein Gastgeschenk brachten wir, (natürlich), auch mit, was viel Begeisterung in den Familien auslöste. Der Abend setzte sich dann, bei manchen mit einem Restaurantbesuch fort, bei anderen mit einer kleinen Tour durch die Städte oder auch mit einem Einkauf in den modernen Supermärkten, die sich in den Niederlanden fast in jedem Ort auffinden lassen. Eine weitere Überraschung, an vielen Orten in den Niederlanden kann man nur mit Karte Zahlen. Also ein interessanter, aber kurzer erster Tag.
Der Schock überkam uns, als wir am nächsten Tag am Frühstückstisch saßen. Milch- und Rosinenbrötchen belegt mit Schokostreuseln?! „Diese Streusel auf dem Brot kommen gefährlich“ -Jonathan. „Auf Knäckebrot kommt noch gefährlicher“ -Luuke. Diese sogenannten „Hagelslag“ sind tatsächlich ein niederländischer, sehr beliebter Brotbelag, welcher vor allem von Deutschen als sehr suspekt angesehen wird.
Vom Essenschock erholt, ging es nach Amsterdam. Eine Stadt, welche viel mehr vorweisen kann, als die meisten denken würden. Die unübersichtlichen Radwege, die mitten durch die Fußwege und Straßen führen, würden wir eher als „Suizidstreifen“ -Laurence, bezeichnen. Denn Niederländer sind nicht nur unvorsichtige Autofahrer, sondern auch sehr schnelle Radfahrer, dennoch sind hier Unfälle eine Seltenheit.
Im weltbekannten Rijksmuseum bekamen wir eine einstündige Führung, die uns das Interessanteste zeigte. Ein originaler Innenraum einer gestürmten Kirche, alte Opiumverpackungen, unschätzbare wertvolle Bilder von Adeligen, Schwänen, jungen Frauen und die weltbekannte „Nachtwache“ von Rembrandt, welche in Echt wirklich riesig und unfassbar magisch wirkt. Danach hatten wir einiges an Freizeit im gigantischen Museum, welche wir mit Essen verbrachten und dem Stöbern im Museumsshop, wo es kostbaren Schmuck, niederländische Schokolade, Kunstobjekte und vieles mehr gab. -Leider auch hier nur Kartenzahlung möglich.- Wir schauten uns ein wenig um und entdeckten abstrakte Kunst, „3 vertikale Streifen“ und „8 gestapelte Balken“ um nur 2 „Meisterwerke“ zu nennen. Daneben fanden wir auch riesige Schiffe, uralte Kleider, Uhren und Schlüssel. Alles einzigartig und fast mystisch, versetzt in die Vergangenheit. Jetzt war Shopping angesagt, ausgesetzt im weitläufigen Amsterdam. Von den berühmten Coffeeshops, riesigen Einkaufsläden und großen Touristenläden mit Quietschenten konnte man alles finden. Leider hatten wir hier nicht allzu viel Zeit, aber selbst ein ganzer Tag hätte nicht für all die ganzen Kuriositäten in Amsterdam gereicht. Am Abend trafen wir uns fast alle wieder, denn es gab eine Party. Hier haben wir uns viel mit den Niederländern unterhalten und wir haben ihnen deutsche Wörter beigebracht. Im Dunkeln fuhren wir mit unserem Fahrrad zurück und legten uns, sehr erschöpft vom langen und anstrengenden Tag, ins Bett.
Den nächsten Tag begannen wir mit einem Gebet und einem Bibelzitat über Ameisen mit einem niederländischen Deutsch-Lehrer, welchen wir baten, das Wort „Eichhörnchen“ versuchen auszusprechen. Er meisterte es gut. Nach dem Gebet und dem Bibelzitat, machten wir eine PowerPoint Präsentation mit unseren Austauschpartnern über uns selbst auf Englisch, ein Traum für Frau Juch, und mussten diese vortragen. Deutsche Zungenbrecher für die Niederländer waren auch dabei. Unser persönlicher Favorit: „Gibst du Opi Opium, bringt Opium Opi um.“ Oder auf der anderen Seite „De kat krabt de krul van de trap.“
Nach kurzer Freizeit in Schoonhoven fuhren wir nach Gouda, wo wir in einer familiengeführten alten Bäckerei Stroopwaffeln gebacken haben. Neben diesen einzigartigen Erlebnissen findet man in Gouda auch die „besten Pommes der Welt!!!“ -Lara und den „besten Bubble Tea“, den wir je hatten. Wieder in der Schule angekommen, machten wir Sport in der Turnhalle, obwohl größtenteils nur ein Fußballspiel daraus wurde. Diejenigen die keinen Sport mehr machen wollten dekorierten den Raum, wo das Abendessen mit den Eltern stattfand, oder setzten sich ins Foyer und quatschten. Nachdem alles fertig war, versammelten wir uns im „Green Lunch Room“ und aßen, unter den deutschen Dekorationen, all die verschiedenen leckeren Sachen, welche alle Gasteltern für uns mitbrachten.
Leider der letzte, aber unserer Meinung nach auch der schönste, war unser Ausflug nach Utrecht. Riesige
Hochhäuser, der höchste Kirchturm der Niederlande, welcher nur 112m hoch ist, eine lange kunstvolle Altstadt und ein unvorstellbar-großes Kaufhaus. In diesem fand man nicht nur gigantische einzelne Einkaufsläden, sondern auch Cafés, Hightech-Staubsauger und wir begegneten „Dracula und seiner Frau“, als wir dachten es könnte nicht kurioser werden, liefen wir an einem Parkhaus vorbei auf dem eine gigantische Teekanne stand. Eine Schnitzeljagd unternahmen wir auch, die uns ein Cartoonwesen namens Nynje vorstellte, geschichtliche Standorte und das deutsche „Restaurant-Kartoffel“. Als wir dann gemeinsam zum Bus gingen, bekamen wir eine Nachricht „Es kann etwas später werden ich muss Tracy finden“ -Lena. Nach 10 Minuten wahllosem Suchen des Ausgangs kamen die beiden wieder. An diesem Tag hatten wir deutlich mehr an Freizeit, die manche zum Duschen verwendeten, andere trafen sich wieder oder zockten gegeneinander. Am Abend feierte Tabea ihren Geburtstag bei ihrer Austauschpartnerin Roos, ein wunderschöner Abend mit fantastischem Ambiente, vielen Geschenken und Unmengen an lustigen Momenten. Einen ähnlichen Abend erlebten wir am Mittwoch, als wir bei Alica feierten und unvergessliche Insider und Erlebnisse schufen. Das Tanzvideo von Laurence, Lena und den Niederländern, um nur eines zu nennen. Nach diesem Tag und vielen Begegnungen mit all den Niederländern fiel uns auf wie offen, locker und freundlich die Niederländer eigentlich sind. Ein großer Kontrast zur deutschen Kultur, welcher meist eher verschlossener und untoleranter gegenüber anderen sein können. Das bessere Brot machen die Niederländer leider trotzdem nicht.
Freitagmorgen. Ein grausames Erwachen am Morgen. Das letzte Frühstück mit unseren internationalen Freunden, in der wunderschönen, kunstvollen Schule. Ein letztes Mal die Gastfamilie sehen und die Niederlande, ein Land voll mit „Suizidstreifen“, unsicheren Straßen, überfreundlichen Menschen, große Mengen an Backsteinhäusern und eine unnormal schnelle Modernisierung.
Julia Lautenschläger & Laurence Mielke