Nachdem alle Schüler des 11er-Jahrgangs unseres Gymnasiums in den Nachmittagsstunden eine Führung durch das Weimarer Nationaltheater erhielten, besuchten wir am Abend eine Inszenierung des ersten Teiles der berühmten Tragödie Faust, worauf alle sehr gespannt waren. Da Goethes Werk bereits im Unterricht behandelt wurde, waren die Erwartungen an das Theaterstück unsererseits sehr hoch, doch wie sich zeigte, konnte diese Hoffnung leider nicht erfüllt werden.
Schon zu Beginn der Aufführung deutete sich leider eine Enttäuschung an: Goethes Hauptfigur Faust wurde als hoffnungsloser Tablettensüchtiger dargestellt, obwohl dies in keiner Weise mit dem Originalwerk übereinstimmt. Goethes Faust sollte in einem modernen Gewand erstrahlen, doch leider missglückte dieser Versuch. Es wurden viele Szenen rücksichtslos umgeändert, wodurch der Kern der Textpassagen kaum noch erkennbar war. Teilweise wurden diese Szenen sogar durch Pervertierungen als lächerlich dargestellt, was in solch einem Werk ganz und gar unangebracht ist.
Des Weiteren waren nahezu keine Requisiten vorhanden und das Bühnenbild wurde ebenfalls deutlich zu schlicht gehalten, sodass die Zuschauer wenig Anhaltspunkte hatten, um mit der anspruchsvollen Sprache Goethes zurechtzukommen. Sie bekamen keine ausreichende Chance, eine innige Bindung zur Inszenierung aufzubauen. Einige wichtige Abschnitte Fausts entfielen leider komplett oder wurden durch ein kurzes Video, welches im Vorhinein aufgenommen wurde, überspielt, was normalerweise nichts in einem Theaterstück verloren hat und immer wieder zu Unruhe im Publikum führte.
Auch das Ambiente des Theaters rettete die Vorstellung nicht, da es leider auch in diesem Punkt gewisse Unstimmigkeiten gab. Die Aufführung musste man eingeengt in einem unruhigen Umfeld verbringen. Erschwerend kam hinzu, dass es auf den oberen Rängen sehr warm und stickig war, was zu einem Unwohlsein der Zuschauer führte und einige die Inszenierung zwischenzeitlich verlassen mussten. Trotz großen Bemühens seitens der Schauspieler war tragischerweise auch die Akustik nicht immer ausreichend und zusätzlich konnten diverse Inhalte nicht vollständig mitverfolgt werden, da die Sicht oftmals eingeschränkt war.
Schlussendlich muss man leider sagen, dass diese Inszenierung am Nationaltheater in Weimar keineswegs unseren Anforderungen entsprach und nicht dem Originalwerk Goethes gerecht wird. Möglicherweise soll diese Inszenierung bewusst auf ein möglichst niedriges Niveau heruntergebrochen werden, sodass sie für alle Schichten und Altersgruppen erreichbar ist und hauptsächlich dazu dienen soll, jegliche Schulformen abzufangen. Dennoch rechtfertigt dies keineswegs, dass Goethes Werk auf eine teilweise lächerliche Art und Weise dargestellt wird, da es immer noch eines der bedeutendsten Werke deutscher Literatur ist.
Marc Franz, 11a